Wie man Freundschaften aufbaut und pflegt

Projekte im Klassenverbund fördern gesunde Beziehungen zwischen Schülerinnen und Schülern.

18-1-Aprender

Empathie stellt eine der Säulen des Erziehungsmodells der Deutschen Schule Medellín dar. Claudia Restrepo, stellvertretende Schulleiterin, erklärt, was sie damit meint: „Wir verstehen dieses Konzept viel mehr als eine Konstruktion unserer selbst gegenüber anderen, als uns in andere hineinzuversetzen“. Um empathisch sein zu können, sei es notwendig, andere bewusst wahrzunehmen. 

Freundschaft und das, was sie umgibt, ist ein individuelles und kollektives Konstrukt. Deswegen gibt es an der Schule viele Projekte, die Werte vermitteln und welche die Beziehungen zwischen den Schülerinnen und Schülern und ihren Familien fördern. Dadurch sollen Bindungen aufgebaut und ein Gefühl von Zugehörigkeit und Empathie erzeugt werden. Das Miteinander soll enger werden und der Klassenverbund wird zum Ort, wo Freundschaften entstehen, die auch außerhalb des Klassenzimmers fortbestehen. 

„Beim Kennenlernen an der Schule werden Gemeinsamkeiten entdeckt. Die erste Form der Beziehung ergibt sich durch gemeinsam Erlebtes: Sport, außerschulische Aktivitäten, Musik, Kunst, Wissenschaft ... Das erlaubt es uns, andere bewusst wahrzunehmen und das zu identifizieren, was uns verbindet, und zwar abgesehen vom gemeinsam besuchten Unterricht. Aus diesem Grund werden im Kindergarten, in der Grundschule, Mittelstufe und Oberstufe Projekte durchgeführt, die auf indirekte Weise das Kennenlernen der anderen ermöglichen“, schließt Frau Restrepo.

18-2-Aprender
Kindergarten

„Wenn die Kinder im Kindergarten ankommen, nehmen sie die anderen noch nicht als solche wahr“, erklärt Anne Krüger, Abteilungsleiterin im Kindergarten. Die ersten Übungen konzentrieren sich auf die Selbstwahrnehmung und die Entwicklung der Autonomie, sodass die Kinder Selbstvertrauen gewinnen. Sobald das Bewusstsein für das Ich geschaffen ist, gilt es, das Konzept des Anderen einzuführen. Die Aktivitäten fördern deshalb bewusst das Miteinander, etwa dadurch „dass sie mit anderen zusammen sind, dass es ein Spiel gibt, das sie miteinander erleben“. Zu diesem Zweck wurde beispielsweise die Bauecke geschaffen, wo es keine Spielzeuge für alle gibt und das Teilen gelernt wird. „Unsere Rolle als Pädagoginnen und Pädagogen ist es zu beobachten, ohne einzugreifen. Es ist notwendig, dass die Kinder bei auftretenden Konflikten lernen, diese selbst zu lösen oder auch durch ein vorgelebtes Beispiel und die Lösungsvorschläge, die andere machen“. Wenn die Teamarbeit ihr Ziel nicht erreicht, stellen die Erzieherinnen und Erzieher sicher, dass die Kinder verstehen, warum es nicht geklappt hat. „Das Wichtigste ist, dass alle Projekte immer eine soziale und emotionale Komponente haben“, so Frau Krüger. 

Grundschule

„In diesem Alter beginnen die Freundschaften auf ganz natürliche Weise zu entstehen“, sagt Paula Álvarez, Abteilungsleiterin in der Grundschule. Der Unterricht zielt darauf ab, dass das Kennenlernen über die schulischen Aktivitäten hinausgeht. Deshalb werden die Kinder dazu angeregt, ein wenig von ihrem Leben zu Hause zu zeigen. „Sie beginnen als Klassenkameraden und Klassenkameradinnen und bilden nach und nach einen ersten Freundeskreis“. Darüber hinaus sind etwa die AGs auch eine passende Gelegenheit dafür, Affinitäten zu identifizieren. Ebenfalls wichtig ist das kooperative Lernen, bei dem gemeinsam daran gearbeitet wird, ein Ergebnis präsentieren zu können. Im Fach Ethik- und Wertekunde wird ein Schwerpunkt auf solche Übungen gelegt und der Lerneffekt wird durch die Arbeit der Schulpsychologinnen und -psychologen verstärkt.

Mittelstufe

Die Schülerinnen und Schüler beginnen in der Mittelstufe zu verstehen, dass Freundschaft über Ähnlichkeiten hinausgeht. „In der Vorpubertät vereint der gleiche Geschmack oder eine ähnliche Art und Weise, die Welt und die Zukunft zu betrachten“, sagt Oscar Ceballos, Abteilungsleiter in der Mittelstufe. Das alltägliche Miteinander bleibt weiterhin die Hauptantriebskraft für die Beziehungen zu anderen. Hinzu kommen die AGs und weitere Aktivitäten, die Beziehungen bewusst fördern. Die Reise nach Deutschland in Klasse 6 und die Reise zur Karibikinsel Isla Fuerte in Klasse 8 stellen Meilensteine dar, wenn es darum geht, die anderen kennenzulernen. Juliana Vélez, Koordinatorin für internationale Angelegenheiten, beschreibt, dass die Jugendlichen in dem Moment, in dem sie von zu Hause weg sind und mit ihrer Klasse unterwegs sind, „begreifen, was es bedeutet, ein bester Freund oder eine beste Freundin zu sein“. Die Auseinandersetzung sei sehr intensiv und unter den Jugendlichen würden sich neue Verbindungen bilden. „Es ist sehr wertvoll, durch diese Reisen zu lernen, mit Freundinnen und Freunden rund um die Uhr zusammen zu sein“, meint Frau Vélez.

Oberstufe

In den letzten Schuljahren werden Beziehungen gefestigt, die eigene Identität entdeckt und es werden die Grundlagen für das Erwachsenenleben gelegt. „Es ist ein Alter voller Herausforderungen für die Jugendlichen, die Schule und für die Eltern, denn es gibt viele Veränderungen“, erklärt Tim Ellmers, Abteilungsleiter der Oberstufe. In dieser Zeit schafft die Schule bewusst Raum dafür, diese Selbstfindung zu ermöglichen: die Klassenfahrten, die Schülermediation, Workshops mit Schulpsychologinnen und -psychologen, die Aktivitäten mit dem Klassenlehrer oder der Klassenlehrerin und solche Projekte, die der Demokratiebildung dienen. Herr Ellmers betont: „Ein Freund anerkennt Unterschiede und das Recht, dass alle sich an einer Entscheidungsfindung beteiligen“. Darüber hinaus sei der Deutschlandaufenthalt in Klasse 10 sehr wichtig, wo ein Reifungsprozess stattfindet und die Jugendlichen Personen aus anderen Kulturen und Altersgruppen kennenlernen. 

  • Das haben wir gelernt
  • Das ist unsere Vorstellung von hybridem Unterricht